Offener Brief zur Unterbringung von Asylbewerbern in Spremberg
Sehr geehrter Herr Landrat Altekrüger,
der Landkreis Spree-Neiße beabsichtigt 2016 in Spremberg eine Einrichtung zur Unterbringung von Asylbewerber in der Kraftwerkstraße zu errichten.
Wie Ihnen die Bürgermeisterin und die Stadtverordneten der Stadt Spremberg am 20.05.2015 bereits mitteilten, sprechen sie sich gegen die zentrale Unterbringung von Asylbewerbern in Spremberg aus. Die Gründe dafür wurden Ihnen in dem o.g. Schreiben ausführlich dargelegt.
Mit Unverständnis haben wir daher Ihre Entscheidung zur Kenntnis genommen, ungeachtet der Einwände der Stadtverordneten, eine zentrale Einrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern in Spremberg zu errichten.
Für die SPD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung Spremberg ist nicht zu erkennen, dass Sie die Argumente, Einwände und Hinweise der Spremberger Stadtverordneten ernst genommen und bei Ihrer Entscheidung berücksichtigt haben.
Die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern und Flüchtlingen, die oftmals schreckliches erlebt haben, darf nicht nur auf der Grundlage der nüchternen Argumente aus Sicht einer Verwaltung erfolgen. Sondern muss nach unserer Auffassung das Wohl der Betroffenen im Blick haben und ihnen eine menschenwürdige Existenz und Unterbringung gewährleisten. Eine Verwahrung auf 6 m² in einer Einrichtung mit Zaun und Wachschutz, in Modulbauweise, erfüllt diesen Anspruch nicht, auch wenn sie noch so neu und gut ausgestattet ist.
Sie ist einzig eine kostengünstige Lösung zur Verwahrung der Asylbewerber und Flüchtlinge für den Landkreis und damit die Erledigung einer Aufgabe der laufenden Verwaltung, ein notwendiges Übel.
Wir sind der Überzeugung, dass bei ernsthaftem Willen und ehrlichem Engagement der Kreisverwaltung eine dezentrale Unterbringung, auch der 2016 zu erwartenden Asylbewerber und Flüchtlinge, in Spremberg möglich ist.
In der Stadt Spremberg gibt es, insbesondere bei der GeWoBa, genügend leerstehende Wohnungen die zur dezentralen Unterbringung von Asylbewerbern genutzt und bei entsprechendem Engagement und Willen des Landkreises, bis 2016 bezugsfertig hergerichtet und ausgestattet werden könnten.
Wir sind davon überzeugt, dass diese Alternative zugleich kostengünstiger ist als der Neubau einer Einrichtung, menschlicher ist, als die Verwahrung auf 6 m² in Containern, eine bessere Integration ermöglicht, weil soziale Kontakte leichter entstehen können, bei der Bevölkerung auf mehr Akzeptanz stößt, unserem Landkreis ein neues, besseres Antlitz im Umgang mit Asylbewerbern und Flüchtlingen gibt und nicht zuletzt auch ein Beitrag dazu ist, die demografische Entwicklung im Landkreis positiv zu beeinflussen.
Ein solches Engagement des Landkreises wäre zugleich eine zusätzliche Investition in die Infrastruktur der Stadt Spremberg und somit direkte Wirtschaftsförderung des Landkreises.
Ungeachtet dessen, dass wir die zwingende Notwendigkeit zur Errichtung einer zentralen Einrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern und Flüchtlingen in Spremberg nicht sehen, ist die Entscheidung des Landkreises im Falle des Neubaus einer Einrichtung, dafür den Standort Kraftwerkstraße zu nutzen, ebenfalls davon gekennzeichnet, dass der Landkreis die guten Argumente der Spremberger für den Standort Bregenzer Straße ignoriert hat.
Sie lassen völlig außer acht, dass wir Spremberger das soziale Gefüge unserer Stadt, die Probleme in den Stadtteilen und die Rahmenbedingungen an den Standorten besser beurteilen können, als jeder Außenstehende. Sie treffen Entscheidungen, die uns in der Zukunft Probleme bereiten werden, die aber dann nicht mehr in Ihrem Zuständigkeitsbereich liegen, die wir dann lösen müssen.
Der Standort Kraftwerkstraße mag aus Sicht der Kreisverwaltung optimal sein, für die Betroffenen und für die Bürgerinnen und Bürger in Spremberg ist er der denkbar schlechteste. Das fängt bei der Anbindung an den ÖPNV an und hört bei den Einkaufsmöglichkeiten für Waren des täglichen Bedarfes auf. Die Argumente gegen diesen Standort sind Ihnen bekannt, ebenso die Argumente, die für die Bregenzer Straße sprechen.
Deshalb fordern wir Sie auf,
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Ihre Entscheidung in Spremberg eine neue Einrichtung zur Unterbringung von Asylbewerbern zu errichten, nochmals zu prüfen und das Konzept des Landkreises zur Aufnahme von Asylbewerbern und Flüchtlingen dahingehend zu ändern, dass keine neu Einrichtung in Spremberg notwendig wird,
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ernsthaft und ehrlich die Anstrengungen des Landkreises Spree-Neiße für eine dezentrale Unterbringung von Asylbewerbern in Spremberg zu forcieren,
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die ohnehin für den Neubau der Einrichtung vorgesehen Mittel, sinnvoller in die Aufbereitung von geeignetem Wohnraum zur dezentralen Unterbringung zu investieren und damit aktive Wirtschaftsförderung zu betreiben,
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und den Argumenten der Spremberger endlich Beachtung zu schenken und sie zur Grundlage Ihrer Entscheidungen zu machen.
Mit freundlichen Grüßen
Dirk Süßmilch
Fraktionsvorsitzender